Die Befragung von Gisela Lehmer-Kerkloh und Thomas Przybilka
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Boris Koch

Frage: Erinnern Sie sich noch, wann Sie Ihren ersten Kriminalroman gelesen haben?

Boris Koch: Ich glaube das war mit 9 oder 10, die ersten etwa dreißig Bände von Die drei ??? und nicht unbedingt in der richtigen Reihenfolge. Vielleicht habe ich aber auch Kästners Emil und die Detektive davor gelesen.

Frage: Was interessiert Sie an Kriminalliteratur?

Boris Koch: Vieles. Im Kern ist es wohl meist das Überschreiten von Grenzen, also das Brechen von Gesetzen, weil man daran eine Gesellschaft sehr genau beobachten kann. Welche Moralvorstellungen stecken hinter den Gesetzen? Mit welchen Methoden werden Verbrecher gejagt, wie werden sie bestraft? Und natürlich: Was hat den Einzelnen dazu getrieben, diese Regeln des Zusammenlebens zu verletzten, was macht ihn zum Täter? Wie geht das Opfer, bzw. dessen Angehörige mit allem um, wie reagiert sein ganzes Umfeld? Und sind "unsere" Vorstellungen von Moral und Gerechtigkeit tatsächlich deckungsgleich mit dem Gesetz? Ein Krimi kann mit seiner Geschichte zahlreiche Fragen aufwerfen, und solche Fragen interessieren mich. Bei anderen macht einfach das spielerische Miträtseln Spaß.

Frage: Wie sind Sie zum Krimi gekommen?

Boris Koch: Da ich immer querbeet gelesen oder Filme geschaut habe, hat der Krimi eben auch immer dazu gehört.

Frage: Warum schreiben Sie Krimis?

Boris Koch: Da ich auch querbeet schreibe, war es eigentlich nur eine Frage der Zeit. Krimis interessieren mich (siehe oben) und Ideen gab es bereits länger in Notizbüchern, da hat mich eine Lektorin angesprochen, ob ich nicht Lust hätte, eine Jugendkrimi-Reihe mit anderen Autoren zusammen zu konzipieren und innerhalb dieses Rahmens Romane zu schreiben. Hatte ich, und plötzlich war ich früher beim Krimi angekommen als erwartet ...

Frage: Seit wann schreiben Sie Kriminalromane?

Boris Koch: Seit 2007.

Frage: Ihre erste Krimi-Veröffentlichung? Boris Koch: Feuer im Blut, 2007, Gulliver (Beltz & Gelberg)

Frage: Was bedeutet deutsche Krimininalliteratur für Sie?

Boris Koch: Eine Auseinandersetzung mit unserer Gesellschaft, unseren Gesetzen und unserer Justiz. Als Autor bin ich automatisch ein Teil davon, als Leser ist mir die Nationalität von Büchern relativ egal.

Frage: Gibt es einen Krimiautor / eine Krimiautorin, der oder die Sie beeinflußt hat?

Boris Koch: Beeinflussung ist schwer festzumachen, da ich glaube, dass mich alles beeinflusst, das ich lese, höre und sehe, und sei es, weil ich es anders machen will ... Auf ihre Art inspiriert haben mich sicher Friedrich Dürrenmatt, Michael Nava, Joe R. Lansdale und Umberto Eco, wie auch die Stimmung alter Noir-Krimis aus Hollywood.

Frage: Bilden Sie in Ihren Kriminalromanen die Gegenwart ab?

Boris Koch: Da sie in der Gegenwart spielen: Ja. Oder zumindest die Gegenwart, wie ich sie wahrnehme und sie mir für meine Fiktion auswähle.

Frage: Wo würden Sie Ihr "Setting" wählen?

Boris Koch: Immer da, wo es für die Geschichte am besten passt.

Frage: Halten Sie das Schreiben von Kriminalromanen für schwieriger oder weniger schwieriger als das Schreiben in einer anderen Literaturgattung?

Boris Koch: Das nimmt sich nichts. Man kann in jeder Gattung komplexe, schwer zu recherchierende Themen angehen, und man kann es sich überall einigermaßen leicht machen.

Frage: Welches (Sub-)Genre der Kriminalliteratur bevorzugen Sie?

Boris Koch: Kein bestimmtes. Am liebsten sind mir meist eh Bücher, die sich einer bestimmten Einordnung verweigern.

Frage: Findet Ihrer Meinung nach der Kriminalroman im Feuilleton gebührende Beachtung?

Boris Koch: Mancher ja, mancher nein. Nicht einer bestimmte Gattung gebührt ein bestimmtes Maß an Beachtung, sondern es geht immer um einen ganz bestimmten Roman. In jedem Genre und außerhalb erscheinen beachtenswerte Bücher.

Frage: Arbeiten Sie zur Zeit an einem neuen Kriminalrorman / an einer neuen Krimistory?

Boris Koch: Nein. Nachdem ich vor kurzem meinen zweiten Jugendkrimi beendet habe, ist im Moment erst einmal ein All-Age-Fantasy-Roman dran.

Frage: Halten Sie das Genre Kriminalliteratur für eine wichtige Literaturgattung?

Boris Koch: Ich halte einige Kriminalromane für wichtige Romane. Aber - siehe oben - die Bedeutung einer gesamten Gattung interessiert mich nicht.

Frage: Sex im Krimi?

Boris Koch: Lieber im richtigen Leben, aber auch gern im Krimi.

Frage: Wenn ja, warum?

Boris Koch: Weil's schön ist. Und weil Leidenschaft und Begehren ein möglicher Antrieb für Grenz- und Gesetzesüberschreitungen sind. Und da sind wir wieder bei einem Motiv, einer Tat und damit beim Krimi.

Frage: Gibt es einen "Frauenkrimi"?

Boris Koch: Das klingt, als würde es sich verkaufen, und jede Schublade, die verkaufbar ist, gibt es auch. Und sei es auch nur in den Marketingabteilungen der Verlage und als bunter Aufkleber auf dem Cover, der schreit: "Buch sucht Zielgruppe".

Frage: Für wen schreiben Sie?

Boris Koch: Für alle, die es lesen wollen. Und auch die, die es in der Schule müssen.

Frage: Plotentwicklung - Ihr erster Gedanke?

Boris Koch: Warum?

Frage: Machen Sie sich Notizen und wo kommen Ihre Ideen her?

Boris Koch: Notizen mache ich mir, Notizbuch und Stift habe ich fast immer dabei, wenn ich unterwegs bin. Und die meisten Ideen kommen aus meinem Kopf, manche auch aus dem Bauch. Wie sie da allerdings reinkommen, kann ich nur vermuten.

Frage: Wo schreiben Sie?

Boris Koch: Daheim am Rechner.

Frage: Hindert der PC Sie am Schreiben?

Boris Koch: Eigentlich nur, wenn er abstürzt.

Frage: Welchen Kriminalroman hätten Sie selber gerne geschrieben?

Boris Koch: Irgendeinen verfilmten Best- und Longseller wegen der Tantiemen.

Frage: Haben Sie Kontakt zu ausländischen Kollegen/Kolleginnen?

Boris Koch: Nicht regelmäßig. Ich habe den einen oder anderen getroffen und eine Handvoll interviewt, aber ein regelmäßiger Kontakt ist zu keinem entstanden. Sieht man von einem Österreicher ab, aber dieser ist ja auch deutschsprachig und bei deutschen Verlagen veröffentlicht.

Frage: Ihre Lieblingstatwaffe?

Boris Koch: Mich interessiert das Motiv, Waffen sind mir egal.

Frage: Mord - muss das sein?

Boris Koch: Nein, natürlich nicht.

Frage: Wer ist überschätzt?

Boris Koch: Tut mir leid, für Kollegen-Bashing bin ich nicht zu haben.

Frage: Wer ist unterschätzt?

Boris Koch: Sicher viel zu viele, die ich nicht kenne, weil sie eben unterschätzt sind.

Frage: Ihr Lieblingsbuch als Kind?

Boris Koch: Der Herr der Ringe von J.R.R. Tolkien und der Orient-Zyklus (Durch die Wüste bis Der Schut) von Karl May

Frage: Ihr Lieblingsbuch heute?

Boris Koch: Da ich Bücher fast nie doppelt lese und mir diese Frage selbst nie stelle, gibt es kein über allen anderen stehendes Lieblingsbuch. Zu meinen liebsten gehören aber Der Name der Rose von Umberto Eco, In der Strafkolonie von Franz Kafka, Der König auf Camelot von T.H. White und Wir sind Gefangene von Oskar Maria Graf

Frage: Ihre Lieblings-Krimiautorin / Ihr Lieblings-Krimiautor?

Boris Koch: Mats Wahl

Frage: Ihr Lieblingsfilm?

Boris Koch: Fight Club, Brazil, Es war einmal in Amerika

Frage: Ihr Lieblingsgetränk?

Boris Koch: Schwarztee

Frage: Welche Bedeutung hat für Sie Essen und Trinken?

Boris Koch: Existentielle.

Frage: Kochen Sie?

Boris Koch: Da ich nicht jeden Tag kalt essen will: Ja. Aber nicht gut.

Frage: Ihr Lieblingsgericht?

Boris Koch: Nichts, was ich selbst koche, daher muss ich beim Rezept passen.

Frage: Gehen Sie essen, und wenn ja, wo?

Boris Koch: Immer wieder mal gern. Und dann in verschiedenen Gaststätten vom Sushi-Restaurant bis zum Irish Pub mit leckeren großen Burgern.

Frage: Was ist Ihr Lieblingskleidungsstück?

Boris Koch: Hängt von Jahreszeit, Wetter und Laune ab. Weit vorn in der Liste sind aber das ganze Jahr über meine Fußballschuhe.

Frage: Fußball - ist das ein Thema für Sie?

Boris Koch: Fußball ist mehr als ein Thema. Auch wenn ich nicht besonders gut spiele, sobald ich auf dem Platz stehe, bin ich glücklich.

Frage: Ihre Lieblingsstadt in Deutschland?

Boris Koch: Berlin.

Frage: Ihr Lieblingsland?

Boris Koch: Da muss ich passen.

Frage. Was lieben Sie?

Boris Koch: Vieles.

Frage. Was verabscheuen Sie?

Boris Koch: Leider ebenso vieles.

Frage: Beste Schulnote - worin?

Boris Koch: Das ist zu lange her und waren über die Jahre ja zu viele Noten, ich weiß es nicht mehr. Kann in Mathe, Geschichte, Sport oder Astronomie gewesen sein, oder auch in einem anderen Fach.

Frage: Schlechteste Schulnote - worin & warum?

Boris Koch: Das ist ebenso lang her und Verdrängung ist was wunderbares ...

Frage: Ihr Traumberuf?

Boris Koch: Autor. Als Kind war es allerdings Fußballprofi, Stuntman und Schatzsucher.

Frage: Haben Sie eine Ahnung, warum Sie diesen Fragebogen beantwortet haben?

Boris Koch: Jetzt ist auch egal, jetzt bin ich schon durch ...

Die Befragung erfolgte ohne Zeugen im Juli 2008.

Boris Koch.
Jugendbuchautor & Kriminalschriftsteller
Boris Koch, geboren in einer Winternacht 1973, wuchs auf dem Land im bayrischen Schwaben auf und machte sich schon früh einen Namen als Kindergartentyrann und Sandwurflyriker. Nach Zivildienst in einer Augsburger Kinderpsychiatrie und Studium der Alten Geschichte und Neueren deutschen Literatur in München, lebt er inzwischen als freier Autor in Berlin.
Er ist wortmetzelndes Redaktionsmitglied des Magazins Mephisto, Kopf eines kleinen Verlags für dunkle Phantastik, Mitveranstalter der monatlich stattfindenden Lesereihe Das StirnhirnhinterZimmer und gehört zur Crew der Kreuzberger Otherland Buchhandlung. Zu seinen Buchveröffentlichungen gehören unter anderem mehrere Kurzgeschichtensammlungen mit phantastischen, grotesken und sonstigen Texten, die Fantasy-Parodie Die Anderen und bislang zwei Jugendkrimis in der Reihe www.schwarzlichter.com. Für den ersten Krimi Feuer im Blut wurde er mit dem Hansjörg-Martin-Preis 2008 ausgezeichnet.

Homepage: www.boriskoch.de
Die Jugend-Krimis:
2007, Feuer im Blut. Beltz
2008, 300 kByte Angst. Beltz



© Gisela Lehmer-Kerkloh & Thomas Przybilka

Alle Titel und natürlich jedes andere lieferbare Buch können und sollten Sie bei Missing Link in Bonn bestellen, einer Buchhandlung, die sich auf Sekundärliteratur zum Krimi, auf Kriminalliteratur und auch auf die Beschaffung ausländischer Literatur spezialisiert hat.
Buchhandlung Missing Link
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Thomas Przybilka
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Die Befragenden:

Gisela Lehmer-Kerkloh rezensiert Kriminalliteratur. Sie ist Mitglied bei den Sisters in Crime sowie Amiga im Syndikat.
Bei den Alligatorpapieren veröffentlicht sie regelmäßig ihren "Krimi-Kurier" Letzte Buchveröffentlichung:
Siggi Baumeister oder: Eine Verfolgung quer durch die Eifel. Die Eifelkrimis des Jacques Berndorf.
84 S., 2001; EUR 10,50
NordPark Verlag

Thomas Przybilka verdient seinen Lebensunterhalt als Buchhändler. Er ist langjähriges Mitglied der "Autorengruppe Deutschsprachige Kriminalliteratur Das Syndikat". 1989 baute er das international bekannte "Bonner Krimi Archiv (Sekundärliteratur)" [BOKAS] auf. Bei den Alligatorpapieren veröffentlicht er regelmäßig seine "Krimi-Tipps zur Sekundärliteratur zum Krimi." Zahlreiche Publikationen zur Kriminalliteratur in Fachanthologien und -magazinen im In- und Ausland. Kriminalgeschichten in Deutschland, Bulgarien und Spanien. Letzte Buchveröffentlichung:
Siggi Baumeister oder: Eine Verfolgung quer durch die Eifel. Die Eifelkrimis des Jacques Berndorf.
84 S., 2001; EUR 10,50
NordPark Verlag