Die Befragung von Gisela Lehmer-Kerkloh und Thomas Przybilka
Ein Service der Alligatorpapiere.


Roger M. Fiedler,
(d.i. Roger Martin Skrzipczyk)

Frage: Warum Krimis?

Fiedler: Wegen Chandler.


Frage: Was bedeutet deutscher Krimi für Sie?

Fiedler: Lange Zeit Sozialliteratur, dann Regionalliteratur, und jetzt offen?

Frage: Wer ist überschätzt?

Fiedler: Amerikaner, die Klischees über Italien verbreiten, Afrikaner, die das gleiche über Schweden tun

Frage: Wer ist unterschätzt?

Fiedler: -

Frage: Krimi - eine Literaturgattung?

Fiedler: Sicher eine der wichtigsten ...

Frage: Wie sind Sie zum Krimi gekommen?

Fiedler: Auf einer Radtour. Vorher nie Krimis gelesen. Dann gleich selbst welche geschrieben

Frage: Ihre Lieblingstatwaffe?

Fiedler: Ein stumpfes Fleischerbeil. Scherz beiseite: niemand kann ernsthaft einen Mord als witziges Amüsement inszenieren. Doch wenn schon Krimikomödie, dann sollte sie den Kern der Sache behandeln, daß Töten nie eine saubere Angelegenheit sein wird sondern ein sudeliges Ringen ohne jede Eleganz

Frage: Mord - muss das sein?

Fiedler: Nicht unbedingt - auch nicht im Krimi...
Spannung kommt ja viel wirkungsvoller aus dem, was noch nicht vollzogen ist, aus der Angst, daß es passiert, oder aus dem, was man nicht sieht, nur ahnt und sich monströs vorstellt. Liegt die Leiche auf dem von so vielen Erzählern geliebten, ewigen Seziertisch, vielleicht noch mit einem Pausenbrot daneben, ist auch mit Deskription der grausamsten Details keine Spannung mehr zu melken. Ein Toter hat keine Angst. Und erst recht, wenn sich die Toten häufen. Dann kann der Leser häufig nicht mehr anders als schallend lachen. Gute Literatur geht sparsam mit Morden um

Frage: Warum schreiben Sie?

Fiedler: Aus Spaß

Frage: Bilden Sie in Ihren Kriminalromanen die Gegenwart ab?

Fiedler: In Details und in allgemeinen Strukturen, im Gesamten nicht

Frage: Wo würden Sie Ihr "Setting" wählen?

Fiedler: Immer da, wo die interessanten Akteure sind

Frage: Welche Bedeutung hat für Sie Essen und Trinken?

Fiedler: In einen Krimi gehören alle wichtigen Kategorien des Lebens, sind sie nicht drin, fällt ihr Fehlen auf

Frage: Sex im Krimi?

Fiedler: Sex und Crime sind ja praktisch dasselbe

Frage: Wenn ja, warum?

Fiedler: Tiefenpsychologen sagen, letztlich sei Sexualität stärkste Triebkraft des menschlichen Handelns. Verbrechen lässt sich also auf den Paarungswunsch zurückführen. Aa?

Frage: Wenn nein, warum?

-----

Frage: Gibt es einen "Frauenkrimi"?

Fiedler: Marketinggag

Frage: Für wen schreiben Sie?

Fiedler: Für Menschen, die wissen, was ein Kulissengefühl ist, vielleicht sogar darunter leiden. Für Leute, die einfach zu intelligent für diese Welt sind. Oder die sich so fühlen. Für junge Leute, die glücklicherweise den Ernst des Lebens nicht begreifen

Frage: Plotentwicklung - Ihr erster Gedanke?

Fiedler: Nein. Erster Gedanke ist immer ein Motiv, ein Gegenstand, eine Situation, der Rest kommt später und ist Handwerk

Frage: Machen Sie sich Notizen und wo kommen Ihre Ideen her?

Fiedler: Notizen begleiten mich durchs Leben, habe ich den Eindruck. Ein Stapel Zettel liegt immer irgendwo herum. Ich male, schreibe, krickel Postits voll. Mir kommen die meisten Ideen im Schlaf. Das heißt, ich muß um Drei oder Vier aus der Kiste und aufschreiben, was gerade durch den Kopf wabert. Dann noch einen Kaffee, und zurück

Frage: Wo schreiben Sie?

Fiedler: Am Computer, oft sehr lange am Stück

Frage: Hindert der PC Sie am Schreiben?

Fiedler: Nein, im Gegenteil: das Zehnfingersystem hat etwas ausgesprochen taktiles an sich. Worte werden zu Bewegungsmustern, lassen sich anfassen, kneten, die Texte ähneln Partituren fürs Klavier. Der Computer läßt den Schreibprozeß als kreativen Fluß von Worten aus den Fingern erscheinen, als physische Berührung mit dem Text

Frage: Ihr Lieblingsbuch als Kind?

Fiedler: Der kleine dicke Ritter

Frage: Ihr Lieblingsbuch heute?

Fiedler: Portnoys Beschwerden, Grün ist die Hoffnung, Hitchhikers Guide ...

Frage: Ihre Lieblings-Krimiautorin / Ihr Lieblings-Krimiautor?

Fiedler: Vielleicht Larry Beinhart. Hartgekochter Zynismus ist wohl immer noch die einzige Antwort auf politisches Zeitgeschehen

Frage: Ihr Lieblingsfilm?

Fiedler: Cyrano von Bergerac, München - Bilder einer Stadt, ...

Frage: Ihr Lieblingsgetränk?

Fiedler: Milchkaffee

Frage: Kochen Sie?

Fiedler: Ab und zu

Frage: Gehen Sie essen, und wenn ja, wo?

Fiedler: In Spanien oder an der Pommesbude

Frage: Was ist Ihr Lieblingskleidungsstück?

Fiedler: Keins

Frage: Fußball - ist das ein Thema für Sie?

Fiedler: Wenig Interesse

Frage: Frauen/Männer - ist das wichtig für Sie?

Fiedler: Ja. Frauen und Männer leben in komplett verschiedenen Welten. Das macht ihre Begegnungen so interessant.

Frage: Ihre Lieblingsstadt in Deutschland?

Fiedler: Peking?

Frage: Ihr Lieblingsland?

Fiedler: "Europa"

Frage: Was lieben Sie?

Fiedler: Freiheit, Geld, schöne Frauen - die natürliche Magie der Dinge

Frage: Was verabscheuen Sie?

Fiedler: Seelisches Biedermeier


Frage: Beste Schulnote - worin?

Fiedler: fast alles besser als Eins - Mathematik vielleicht am besten

Frage: Schlechteste Schulnote - worin & warum?

Fiedler: Erdkunde, kein Interesse für Vulkane und Verteilungszentren

Frage: Ihr Traumberuf?

Fiedler: Schriftsteller

Frage: Haben Sie eine Ahnung, warum Sie diesen Fragebogen beantwortet haben?

Fiedler: Ja, mehr nicht

Roger M. Fiedler wurde 1961 in Castrop-Rauxel geboren und lebt heute im Westerwald. Roger M. Fiedler ist Diplomphysiker, arbeitete aber auch schon als Programmierer, Messebauer, Sekretär im erzbischöflichen Jugendamt, bei der Weinlese, als S-Bahn-Schaffner und als Reiseleiter in Andalusien.

Sein Krimidebüt erfolgte 1997 mit Sushi, Ski und Schwarze Sheriffs, für das er 1998 den Deutschen Krimipreis erhielt. Mit Eisenschicht 1998 und 2000 Dreaming Elefantz komplettierte er die Gorski-Triologie, um Privatdetektiv Igor "Gorja" Gorski beim Rotbuch Verlag. Für Dreaming Elefants erhielt Fiedler 2001 den (Phillip) "Marlowe"-Preis der Raymond-Chandler-Gesellschaft.
2003 erschien Pilzekrieg, ein im Westerwald spielendes Buch mit dem Einzelgänger Sebastian Knooth als Protagonisten.
Mit Jörg Juretzka (vier Bände um den Ruhrpott-Ermittler Kristof Kryszinski) schrieb Fiedler den E-Mail-Krimi Enzi@n, ein Online-Experiment, ein Krimi-Roadmovie um Igor Gorski und Kristof Kryszinski.
Roger M. Fiedler erhielt 2003 den "Silver & Black Socks Award" vom Bonner Krimi Archiv [Sekundärliteratur] (BoKAS). Roger M. Fiedler ist Mitglied im Syndikat (Autorengruppe der deutschsprachigen Kriminalliteratur) und in der AIEP/IACW (Asociación Internacional de Escritores Policiacos / International Association of Crime Writers). Die Website des Autors: www.roger-m-fiedler.de

fiedler-sushi fiedler-eisenschicht fiedler-dreaminelefantz fiedler-dreaminelefantz fiedler-dreaminelefantz

Die Krimis:
1997, Sushi, Ski und Schwarze Sheriffs. Rotbuch Verlag
1998, Eisenschicht. Rotbuch Verlag
2000, Dreamin' Elefantz. Rotbuch Verlag
2001, Enzi@n (zusammen mit Jörg Juretzka). Book on Demand
2003, Pilzekrieg. Rotbuch Verlag

Die Kurzkrimis:
1999, Handspiel
2000, Rheingold
2002, Bacelona Nights (zusammen mit Thomas Przybilka). Bacelona
2003, Bacelona Nights (zusammen mit Thomas Przybilka). Sofia

Alle Titel und natürlich jedes andere lieferbare Buch können und sollten Sie bei Missing Link in Bonn bestellen, einer Buchhandlung, die sich auf Sekundärliteratur zum Krimi, auf Kriminalliteratur und auch auf die Beschaffung ausländischer Literatur spezialisiert hat.
Buchhandlung Missing Link
Zweigniederlassung Bonn
Thomas Przybilka
Buschstr. 14
53113 Bonn
Fax: 0228 - 24 21 385
Tel: 0228 - 24 21 383
e-mail: mlbonn@t-online.de
- deutsche Bücher stets porto- und verpackungskostenfrei! - fremdsprachige Titel ab einem Rechnungsendbetrag von EUR 52,00 innerhalb der BRD stets porto- und verpackungskostenfrei!


Die Befragenden:

Gisela Lehmer-Kerkloh rezensiert Kriminalliteratur. Sie ist Mitglied bei den Sisters in Crime sowie Amiga im Syndikat.
Bei den Alligatorpapieren veröffentlicht sie regelmäßig ihren "Krimi-Kurier" Letzte Buchveröffentlichung:
Siggi Baumeister oder: Eine Verfolgung quer durch die Eifel. Die Eifelkrimis des Jacques Berndorf.
84 S., 2001; EUR 10,50
NordPark Verlag

Thomas Przybilka verdient seinen Lebensunterhalt als Buchhändler. Er ist langjähriges Mitglied der "Autorengruppe Deutschsprachige Kriminalliteratur Das Syndikat". 1989 baute er das international bekannte "Bonner Krimi Archiv (Sekundärliteratur)" [BOKAS] auf. Bei den Alligatorpapieren veröffentlicht er regelmäßig seine "Krimi-Tipps zur Sekundärliteratur zum Krimi." Zahlreiche Publikationen zur Kriminalliteratur in Fachanthologien und -magazinen im In- und Ausland. Kriminalgeschichten in Deutschland, Bulgarien und Spanien. Letzte Buchveröffentlichung:
Siggi Baumeister oder: Eine Verfolgung quer durch die Eifel. Die Eifelkrimis des Jacques Berndorf.
84 S., 2001; EUR 10,50
NordPark Verlag