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Christian Uecker
Frage: Warum Krimis?
Christian Uecker: Warum nicht? Ich lese gerne Krimis und bin durch Zufall an dieses Genre geraten. Ich liebe Rätsel und einen guten Plot und ich mag Menschen in ihrer ganzen Vielfalt. Und wer will kann in meinen Bücher auch nach verborgenen Schätzen graben, nach Philosophie und Theologie. Aber wie gesagt: Nur wer will.
Frage: Was bedeutet deutscher Krimi für Sie?
Christian Uecker: Wenn ich ehrlich bin: Zuerst einmal ganz viele nette, tolle Kolleginnen und Kollegen. Ansonsten bin ich noch auf Entdeckungsreise.
Frage: Wer ist überschätzt?
Christian Uecker: Da steht mir kein Urteil zu, bzw. das weiß ich nicht.
Frage: Wer ist unterschätzt?
Christian Uecker: Ich natürlich. Nein, im Ernst: Siehe oben. Ich weiß es nicht
Frage: Krimi – eine Literaturgattung?
Christian Uecker: Natürlich. Der Krimi ist seinem Wesen nach ein Ritual, jeder Leser weiß, was am Ende sein wird: Die Benennung des Täters. Das unterscheidet den Krimi von vielen anderen Gattungen. Das Ritual ist natürlich noch differenzierter: Die böse Tat – das Zerbrechen der Gemeinschaft – die Benennung des Schuldigen – das Heilen der Gemeinschaft.
Im übrigen, unabhängig vom vorher Gesagten, gibt es von Dorothy Sayers einen faszinierenden Essay, in dem sie die Wurzeln des Krimis bei Aristoteles sucht – und findet.
Frage: Wie sind Sie zum Krimi gekommen?
Christian Uecker: Durch Zufall. Ich kam vom mündlichen Erzählen her, als sich meine Schwägerin einen vergriffenen Krimiautor zum Geburtstag wünschte. Kein einziges Buch war aufzutreiben. Da habe ich ihr kurzerhand einen Krimi geschrieben. Es machte Spaß (wurde nie veröffentlicht, war nie zum Veröffentlichen gedacht), ich schrieb weiter.
Frage: Ihre Lieblingstatwaffe?
Christian Uecker: Ich liebe einfache Tatwerkzeuge: Messer, herumliegende Steine, ein Stoß vor die U-Bahn, Mordinstrumente, die jedem zugänglich sind.
Frage: Mord – muss das sein?
Christian Uecker: Ja, natürlich. Mord ist die Schuld, die nicht wiedergutgemacht werden kann. Der Täter kann dem Opfer kein Leben zurückgeben – anders als z.B. beim Diebstahl. Mord ist die endgültige Form menschlicher Schuld. Sie muss aufgeklärt werden.
Frage: Warum schreiben Sie?
Christian Uecker: Weil ich irgendwann einmal von dem Erlös der Bücher leben will und aufhören will zu arbeiten. Nein, im Ernst, weil es Spaß macht. Obwohl es zugleich harte Arbeit ist. Es ist die Möglichkeit, eine eigene Welt zu erschaffen. Am schönsten ist es, wenn Leser sagen, sie hätten das Buch in einem durchgelesen. Solange hört mir niemand bei einer Predigt zu – wobei meine Krimis definitiv keine Predigten sind und keine sein wollen.
Frage: Bilden Sie in Ihren Kriminalromanen die Gegenwart ab?
Christian Uecker: Ja. Allerdings nur die Gegenwart, die ich kenne. Alltägliche Menschen mit alltäglichen Sorgen. Orte, die mir gefallen. Meine Kirche, die mir manchmal und manchmal nicht gefällt. – Ich bin Pastor.
Frage: Wo würden Sie Ihr "Setting" wählen?
Christian Uecker: Ich weiß nicht, ob ich die Frage richtig verstehe. Viele meiner Romane spielen in einer kleinen dörflichen Kirchengemeinde. Aber dort sind inzwischen schon so viele gestorben, dass ich ausgewandert bin, nach Amrum, der nächste wird in England spielen, im Kopf sind ein Roman im Gefängnis, im Krankenhaus und in einem Langstreckenjet.
Frage: Welche Bedeutung hat für Sie Essen und Trinken?
Christian Uecker: Ich esse und trinke gern. Im Roman spielt es jedoch keine große Rolle. Und wenn meine Figuren essen und trinken, reden sie ständig dabei – und das ist dann das Interessante.
Frage: Sex im Krimi?
Christian Uecker: Nein. Eros ja, aber kein Sex. Weder in den Romanen, die ich schreibe noch in denen, die ich lese.
Frage: Wenn ja, warum?
Christian Uecker: – –
Frage: Wenn nein, warum?
Christian Uecker: Das hat wohl mit meinen Anfängen zu tun. Mein erster veröffentlichter Krimi war ein Benefiz-Krimi zugunsten unserer Orgel. Er beschrieb unser Dorf, die Menschen unseres Dorfes, die Kirche, die Orgel - da hatte Sex irgendwie keinen rechten Platz. Und so ist es geblieben. Aber das muss ja nicht so bleiben.
Frage: Gibt es einen "Frauenkrimi"?
Christian Uecker: Kann ich als Mann wenig zu sagen. Ganz bestimmt gibt es unterschiedliche Sichtweisen von Mann und Frau. Auffallend ist, dass der klassische Kriminalroman vor allem von Frauen geschrieben wurde: Agatha Christie, Dorothy Sayers, Patricia Highsmith, P.D. James und andere. Aber genau das sind wohl keine Frauenkrimis. Die Sache ist noch komplizierter.
Frage: Für wen schreiben Sie?
Christian Uecker: Für mich. Ich schreibe, was mich interessiert und hoffe, dass es andere auch interessant finden. Meist ist es auch so.
Frage: Plotentwicklung – Ihr erster Gedanke?
Christian Uecker: Ganz unterschiedlich. Am Anfang steht etwas, was mich bewegt. Ein persönliches Erlebnis, eine alte Inschrift, ein interessanter Ort, ein Thema. Dann kommt die Frage, was und wer passt dazu und so entwickelt sich langsam ein Plot.
Frage: Machen Sie sich Notizen und wo kommen Ihre Ideen her?
Christian Uecker: Das sind zwei ganz verschiedene Fragen. Ich recherchiere so gut ich kann an den Orten, die ich beschreibe, fotografiere, schreibe mir Begebenheiten auf, auch Wahrnehmungen von "interessanten Typen". Aber dabei geht es mehr um die Atmosphäre, die später das Buch prägen soll und nicht um die "Ideen".
Ansonsten ist ein Krimi, wenn die Grundidee einmal da ist, im wesentlichen Struktur. Wenn sie gut ist, wirkt später alles so, als ob es so sein müsste und niemand bemerkt die Struktur. Aber das sind keine "Ideen".
Frage: Wo schreiben Sie?
Christian Uecker: Zu Hause im Sessel – und mit der Hand. Ich kann aber auch an allen anderen Orten schreiben. Nur im Urlaub schreibe ich nicht – Schreiben ist Arbeit.
Frage: Hindert der PC Sie am Schreiben?
Christian Uecker: Nein. Ich tippe mein Handgeschriebenes ab, das hilft mir, meine Gedanken zu ordnen. Anschließend überarbeite ich meine Texte zehn bis zwanzig Mal.
Frage: Ihr Lieblingsbuch als Kind?
Christian Uecker: Das Sanella-Sammelalbum "Australien – Neuseeland". Und "die Sachkunde", ein Lehrbuch für LehrerInnen für die Grund- und Hauptschule, das ich mir heimlich von meiner Mutter stibitzte, sobald ich lesen konnte.
Frage: Ihr Lieblingsbuch heute?
Christian Uecker: "Madam & Eve", eine südafrikanische Cartoonsammlung. Und von Ray Bradbury: "Das Böse kommt auf leisen Sohlen".
Frage: Ihre Lieblings-Krimiautorin / Ihr Lieblings-Krimiautor?
Christian Uecker: Colin Dexter, Arthur W. Upfield und Agatha Christie. Bei ihr kann man so herrlich entspannen.
Frage: Ihr Lieblingsfilm?
Christian Uecker: "Der diskrete Charme der Bourgeoisie" von Luis Bunuel, "Stalker" von Andrej Tarkowskij und "Terminator II". Es knallt so schön.
Frage: Ihr Lieblingsgetränk?
Christian Uecker: Kaffee. Kaffee. Kaffee.
Frage: Kochen Sie?
Christian Uecker: Selten. Ich esse gern.
Frage: Gehen Sie essen, und wenn ja, wo?
Christian Uecker: Oft und selten zugleich. Ich esse ziemlich häufig beruflich in Restaurants, bei hohen Geburtstagen, Taufen, Hochzeiten, Dorffesten.
Frage: Was ist Ihr Lieblingskleidungsstück?
Christian Uecker: Die Badehose. In der Brandung des Südpazifiks zu baden ist einmalig.
Frage: Fußball – ist das ein Thema für Sie?
Christian Uecker: Ich würde sagen nein. Aber als ich vor einigen Jahren in England in einer Pension war und Deutschland gegen England spielte, sprachen alle (Engländer) nur von diesem Spiel. Am Ende aber war ich der einzige von uns, der es sich angeguckt hat.
Frage: Frauen/Männer – ist das wichtig für Sie?
Christian Uecker: Natürlich. Von welchem Blickwinkel aus man es auch betrachtet, es ist wichtig. Für mich. Für alle anderen auch, nehme ich an
Frage: Ihre Lieblingsstadt in Deutschland?
Christian Uecker: Eckernförde. Hamburg.
Frage: Ihr Lieblingsland?
Christian Uecker: Schleswig-Holstein. Und dann Australien. Neuseeland. England. Holland. Die anderen deutschen Bundesländer. Und noch ziemlich viele andere Länder.
Frage: Was lieben Sie?
Christian Uecker: Wenn eine Idee Wirklichkeit wird und funktioniert.
Frage: Was verabscheuen Sie?
Christian Uecker: Bildungsbürger. Dinge sehen oder lesen oder essen oder kaufen, ohne wirkliches eigenes Interesse, ohne echten Bezug, nur weil man es tut.
Frage: Beste Schulnote – worin?
Christian Uecker: Biologie und Kunst. Weil es mich interessierte. Und ich in diesem Fächern ausnahmsweise nicht faul war.
Frage: Schlechteste Schulnote – worin & warum?
Christian Uecker: Englisch und Latein. Ich dachte, ich hätte kein Verhältnis zu Sprachen. Was aber nicht stimmt. Heute lese ich englischsprachige Bücher am liebsten im Original.
Frage: Ihr Traumberuf?
Christian Uecker: Botaniker – um 1750 auf Entdeckungsreise in der Südsee.
Frage: Haben Sie eine Ahnung, warum Sie diesen Fragebogen beantwortet haben?
Christian Uecker: Weil die beiden Menschen, die sich diesen Fragebogen ausgedacht haben, so nett und interessant sind.
Christian Uecker
Geboren 1956 in Rostock, aufgewachsen in Neumünster. Christian Uecker studierte Theologie in Bethel, Kiel, München und Hamburg und war zwei Jahre in der Bildungsarbeit in der dritten Welt tätig. Er war seit 1984 Pastor, seit 1987 in Klein Wesenberg, einem Dorf in der Nähe von Lübeck. Christian Uecker erlag am 14. April 2007 den Folgen eines Herzinfarktes.
1993 veröffentlichte er seinen ersten Kriminalroman "Wenn der Tod tanzt" mit Pastor Frank Falke, dem bislang 6 weitere Krimis folgten. Pastor Falke ist ein Mörderjäger "wider Willen", selten greift er aktiv in das Geschehen ein, lieber wartet er bis der Mörder das klärende Gespräch mit ihm sucht. Daneben schrieb Christian Uecker Kurzgeschichten aller Art, machte gelegentlich Arbeiten für die Studio Hamburg Film- und Fernsehproduktions GmbH, fotografiert, sammelte Filme und Schnecken- und Muschelgehäuse.
Homepage: – – –
Die Krimis:
1993 Wenn der Tod tanzt, Friedrich Wittig
1994 Wer einmal brennt, Friedrich Wittig
1995 Gut – besser – tot, Friedrich Wittig
1996 Wer flucht für alle Ewigkeit, Friedrich Wittig
1999 Stille Nacht, Friedrich Wittig
2001 Treibsand, Friedrich Wittig
Stand: 18. Mai 2004
© Gisela Lehmer-Kerkloh & Thomas Przybilka
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