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Monika Geier

Frage: Erinnern Sie sich noch, wann Sie Ihren ersten Kriminalroman gelesen haben?

Monika Geier: Das war 1978, "Das Haus an der Düne" von Agatha Christie.

Frage: Was interessiert Sie an Kriminalliteratur?

Monika Geier: Die Rätsel und die absurden Anfänge. Dann die düstere Atmosphäre. Und natürlich die Sprache, in der das Absurde und Düstere und Schäbige gesagt wird. Außerdem die Brüche in den Personen sowie die Brüche im Gesamtkonstrukt. Die Auflösung. Und wie das Opfer abgemurkst wird.

Frage: Wie sind Sie zum Krimi gekommen?

Monika Geier: Sie sind die einzige Sünde, die meine Mutter sich gönnt. Das finde ich unwiderstehlich.

Frage: Warum schreiben Sie Krimis?

Monika Geier: Es ist das, was ich am besten kann. (Außer wandern.)

Frage: Seit wann schreiben Sie Kriminalromane?

Monika Geier: Seit 2000 hauptberuflich.

Frage: Ihre erste Krimi-Veröffentlichung?

Monika Geier: "Wie könnt ihr schlafen", 1999, Argument, Hamburg

Frage: Was bedeutet deutsche Krimininalliteratur für Sie?

Monika Geier: Es bedeutet, dass ich Kollegen habe, mit denen ich reden kann. Außerdem ist meine Chance, ein charmantes, spezielles, abgefahrenes Buch zu finden, in der deutschen Originalsprache größer, weil zwischen mir und dem Text weniger Castings liegen als bei Übersetzungen. Ziemlich wurscht ist mir allerdings, wo ein Krimi spielt. Es ist mir sogar lieber, einen unbekannten Ort zu entdecken statt Altbekanntes vorgesetzt zu kriegen.

Frage: Gibt es einen Krimiautor / eine Krimiautorin, der oder die Sie beeinflußt hat?

Monika Geier: Agatha Christie. Dorothy Sayers. Raymond Chandler. Martha Grimes. Minette Walters. Pablo de Santis. Andrea Camilleri. Liza Cody. Heinrich Steinfest. Madeleine Giese. Fred Vargas.

Frage: Bilden Sie in Ihren Kriminalromanen die Gegenwart ab?

Monika Geier: Was könnte ich sonst?

Frage: Wo würden Sie Ihr "Setting" wählen?

Monika Geier: Ich bin ja Architektin, also schon bodenständig. Ich interessiere mich für Konkretes, für Häuser, für Plätze, für den Aufbau einer Gemeinde. Das spielt auf jeden Fall mit rein ins Schreiben. Für mich ist es spannend, dem genius loci, dem Geist eines echten Ortes nachzuspüren. Jeder Architekt muss ihn erfassen und auf ihn reagieren. Genau das versuche ich im Schreiben. Meistens schildere ich einfach das, was mir vor der Nase vorbeikommt. Das ist authentisch und somit am interessantesten. Nur manchmal vergesse ich meine Architektenehre, dann lasse ich mich hinreißen, einen Abstecher an einen exotischen Platz zu machen, den ich gar nicht kenne. Was rückhaltlos romantisch ist und vielleicht sogar eskapistisch und in jedem Fall architektonisch fragwürdig. Aber zum Krimi gehört es erfreulicherweise unbedingt dazu.

Frage: Halten Sie das Schreiben von Kriminalromanen für schwieriger oder weniger schwieriger als das Schreiben in einer anderen Literaturgattung?

Monika Geier: Es ist mathematischer. Mir persönlich liegt das sehr, daher finde ich es leicht. Ich mag es, wenn ein Text hintergründig die Form eines Rechenproblems annimmt und wie eine Gleichung aufgeht. Ich mag Mathematik als die eleganteste aller Sprachen. Und ich mag es noch mehr, wenn diese Analogie bewusst konterkariert wird, wenn der Autor die Regeln bricht und am Ende alles ganz anders ist - so wie im wirklichen Leben.

Frage: Welches (Sub-)Genre der Kriminalliteratur bevorzugen Sie?

Monika Geier: --

Frage: Findet Ihrer Meinung nach der Kriminalroman im Feuilleton gebührende Beachtung?

Monika Geier: Bei uns auf dem Land gibt es ein lustiges Phänomen: Praktisch alle Autoren "ernsthafter" Literatur verfassen mindestens einmal einen Krimi ("das kann ich auch"), den sie aber als solchen nicht verstanden wissen wollen. Man sagt ihnen: Hej, toller Krimi!, und sie sind beleidigt. Dann sitzen sie in ihren Lesungen und wissen nicht, wie sie das Ding rüberbringen sollen. Einerseits sind sie sympathischerweise darauf bedacht, dass ihre Leser sich auch mal amüsieren, andererseits wäre die Bezeichnung "Krimiautor" ein Stigma. In den zugehörigen Presseberichten finden besorgte Journalisten dann viele Erklärungen dafür, dass die Geschichte oberflächlich wie ein Krimi daherkommt, obwohl sie in Wahrheit alles andere ist als das, und zum Schluss weiß kein Mensch mehr, weshalb das Buch überhaupt geschrieben wurde. Es hat zwar Spaß gemacht, aber der ist in der Literatur natürlich nicht alles.

Frage: Arbeiten Sie zur Zeit an einem neuen Kriminalrorman / an einer neuen Krimistory?

Monika Geier: Zur Zeit bin ich nur stillende Mama. Aber manchmal meditiere ich leicht über einem verzwickten Mord an einem vor langer Zeit gewüsteten Ort ...

Frage: Halten Sie das Genre Kriminalliteratur für eine wichtige Literaturgattung? - Wenn ja, warum?

Monika Geier: Ja, weil Krimis gelesen werden. Krimis erreichen viele unterschiedliche Menschen. Der Krimi ist wie eine Künstlerparty: Schäbige Bude, billiger Rotwein, neurotische Gastgeber, aber alle gehen hin. Man bringt seinen unpräsentablen Vetter mit und trifft die interessantesten Leute, und am Ende war der Rotwein gar nicht schlecht und der Vetter entpuppte sich als intelligenter Gesprächspartner. Ein Krimi kann alles sein: Bückware, Zugabe zu einer Familienpizza, aber auch richtig gute Literatur. Und das macht ihn wichtig.

Frage: Sex im Krimi? - Wenn ja, warum?

Monika Geier: Natürlich, Sex gehört zum Leben dazu. Und zum Verbrechen erst recht.

Frage: Gibt es einen "Frauenkrimi"?

Monika Geier: Es gibt eine Marketingstrategie, die so heißt, und es gibt Leserinnen, die sich davon angesprochen fühlen. Insofern gibt es vielleicht einen Frauenkrimi.

Frage: Für wen schreiben Sie?

Monika Geier: Für mich, als ich siebzehn war. Und für meine Leser und Leserinnen.

Frage: Plotentwicklung - Ihr erster Gedanke?

Monika Geier: Eine Person, der etwas Merkwürdiges widerfährt. Ein Bruch in der Routine. Eine kleine Widrigkeit, die jedermann passieren könnte - und dann geht's los.

Frage: Machen Sie sich Notizen und wo kommen Ihre Ideen her?

Monika Geier: Notizen mache ich mir selten. Ich schreibe gleich los. Die meisten Ideen bringen mir meine Personen, wenn sie sich selbständig machen und die Handlung übernehmen. Denn häufig weigern sie sich zu tun, was ich von ihnen will. Sie sagen bestimmte Dinge nicht, die ich für leicht zu sagen hielt, und sie haben die Tendenz, einfach drauf los zu handeln. Meistens renne ich ihnen hinterher und kehre Scherben weg. Dafür halten sie das Schreiben lebendig.

Frage: Wo schreiben Sie?

Monika Geier: Ich habe gemerkt, dass ich während einer Geschichte nicht den Platz wechseln kann. Ich schreibe also entweder am Schreibtisch in meiner Wohnung oder im Gemeinschaftsatelier in unserem Kunstverein, je nachdem, wo ich mit der Geschichte begonnen habe.

Frage: Hindert der PC Sie am Schreiben?

Monika Geier: Im Gegenteil.

Frage: Welchen Kriminalroman hätten Sie selber gerne geschrieben?

Monika Geier: "Tödliches Gift" von Dorothy Sayers.

Frage: Haben Sie Kontakt zu ausländischen Kollegen/Kolleginnen?

Monika Geier: Leider sind meinen Fremdsprachenkenntnisse nicht gut genug.

Frage: Ihre Lieblingstatwaffe?

Monika Geier: Gift.

Frage: Mord - muss das sein?

Monika Geier: Natürlich nicht, aber meistens kommt es dann doch dazu.

Frage: Wer ist überschätzt?

Monika Geier: ---

Frage: Wer ist unterschätzt?

Monika Geier: Agatha Christie. Ihre Plots sind reine Mathematik. Und am Ende sprengt sie jedesmal das System, noch dazu immer anders, man kommt ihr nie auf die Schliche. Sie ist subversiv, ohne dass ihr je auch nur die Perlenkette verrutscht. Ich verstehe nicht, wieso das außer mir nur ihre Millionen Amateurleser und -leserinnen merken ...

Frage: Ihr Lieblingsbuch als Kind?

Monika Geier: "Carlotta und die Liebe" von Giovanni Guareschi

Frage: Ihr Lieblingsbuch heute?

Monika Geier: Wie ist die Lieblingsfarbe des Malers? - Diese Frage kann ich nicht beantworten.

Frage: Ihre Lieblings-Krimiautorin / Ihr Lieblings-Krimiautor?

Monika Geier: dito

Frage: Ihr Lieblingsfilm?

Monika Geier: Das ist auch schwierig. Mir fällt gerade ein, dass ich mal wieder gern einen alten Danny-Kaye-Film gucken würde, der Kelch mit dem Elch undsoweiter. Allerdings hab ich die vor zwanzig Jahren zum letzten Mal gesehen, also kann ich nicht sagen, ob sie mir heute noch gefallen würden. Aber ich hätte jetzt Lust dazu. Vermutlich ist das ein Stillphänomen. Als frische Mama steht man ja auf so nette, lustige Sachen.

Frage: Ihr Lieblingsgetränk?

Monika Geier: Momentan Kaffee. Aber eigentlich trinke ich am liebsten Wein. Schließlich stamme ich aus der Pfalz. Allerdings mag ich vom Deutschen Wein ehrlicherweise nur den weißen. Rotwein sollte ein bisschen mehr Sonne kriegen.

Frage: Welche Bedeutung hat für Sie Essen und Trinken?

Monika Geier: Eine große.

Frage: Kochen Sie?

Monika Geier: Täglich.

Frage: Ihr Lieblingsgericht [Rezept am Schluß des Fragebogens]:

Monika Geier: Momentan habe ich ein Suppenprojekt. Ich versuche, Bouillon zu machen. Ich bin jetzt bei einem Suppenhuhn, einen Stück getrockneten Steinpilz, einem Pfund Rindfleisch, einem grob zerkleinertem Suppengrün, einem Lorbeerblatt und zwei Nelken als Basis. Ich kläre durch Abschöpfen und mit Eiklar. Dazu viel Weißwein und als Einlage nur ganz wenig frischer Koriander. Es ist schon ganz lecker, aber ganz zufrieden bin ich noch nicht mit den Ergebnissen. Wer einen guten Tipp hat: Bitte mailt mir an RIP@geiers-mor.de.

Frage: Gehen Sie essen, und wenn ja, wo?

Monika Geier: Wo immer ich hin eingeladen werde.

Frage: Was ist Ihr Lieblingskleidungsstück?

Monika Geier: Schuhe.

Frage: Fußball - ist das ein Thema für Sie?

Monika Geier: Kaiserslautern - die Stadt in der ich lebe - besteht praktisch nur aus Fußball. Ich interessiere mich nicht übermäßig dafür, aber ich werde äußerst patriotisch, wenn es um Fußball geht.

Frage: Ihre Lieblingsstadt in Deutschland?

Monika Geier: Bielefeld. Erstaunlich, dass SIE es geschafft haben, eine ganze Stadt zu erfinden.

Frage: Ihr Lieblingsland?

Monika Geier: Da sage ich mal: Deutschland. Weil wir den Rhein haben und all diese schönen Wälder und die Künstlersozialkasse. Ich wollte ja mal auswandern, nach Mallorca. Dort gibt es das alles nicht. Nirgendwo sonst auf der Welt gibt es das. Da gerät man schon ins Grübeln.

Frage. Was lieben Sie?

Monika Geier: Meine Familie und Wandern.

Frage. Was verabscheuen Sie?

Monika Geier: Amerikanische Flugzeuge. Die donnern im Halbstundentakt über Kaiserslautern. Sie sind laut, sie verpesten unsere Luft, und sie bedeuten immer: Krieg.

Frage: Beste Schulnote - worin?

Monika Geier: Weiß nicht mehr, ich war in allem gut - hüstel ...

Frage: Schlechteste Schulnote - worin & warum?

Monika Geier: In Musik. Eine glatte Sechs, weil ich mich geweigert habe, einen Test mitzuschreiben.

Frage: Ihr Traumberuf?

Monika Geier: Krimiautorin.

Frage: Haben Sie eine Ahnung, warum Sie diesen Fragebogen beantwortet haben?

Monika Geier: Weil einem von Ihnen meine Bücher gefallen haben.

Rezept

siehe oben

Die Befragung erfolgte ohne Zeugen im Januar 2009

Monika Geier.
wurde im April 1970 in Ludwigshafen/Rhein geboren. Bereits im Alter von 12 Jahren kassierte sie ihr erstes Autorinnenhonorar für die Veröffentlichung einer wahren Geschichte in der Bäckerblume ("So lernte ich meinen Ehemann kennen"). Das Studium verdiente sie sich hauptsächlich als Malermodell. Heute ist sie Diplom-Ingenieurin für Architektur, Mutter dreier Söhne, stolze Trägerin der goldenen Wandernadel von Bayrischzell und lebt als freie Autorin in Kaiserslautern.

Homepage: www.geiers-mor.de/

Die Krimis:
Wie könnt ihr schlafen,1999
Neapel sehen, 2001
Stein sei ewig, 2003
Schwarzwild 2007,
Die Herzen aller Mädchen, März 2009
alle bei Argument, Hamburg.

Kriminalerzählungen:
U. a. in:
Leise rieselt der Schnee, Hg. Gisa Klönne, Ullstein 2005,
Tödliche Pässe, Hg. Volker Albers, Ullstein, 2006,
Nur Bacchus war Zeuge, Hg. Fiess / Reissmann, Emons, 2006,
Mörderischer Westen, Hg. Angela Esser, Bookspot, 2007,
A Schwob, a Mord, Hg. Lisa Kuppler, Argument, 2008

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geier-schwarzwild geier-die-herzen-aller-maedchen

Alle Titel und natürlich jedes andere lieferbare Buch können und sollten Sie bei Missing Link in Bonn bestellen, einer Buchhandlung, die sich auf Sekundärliteratur zum Krimi, auf Kriminalliteratur und auch auf die Beschaffung ausländischer Literatur spezialisiert hat.
Buchhandlung Missing Link
Zweigniederlassung Bonn
Thomas Przybilka
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Fax: 0228 - 24 21 385
Tel: 0228 - 24 21 383
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Die Befragenden:

Gisela Lehmer-Kerkloh rezensiert Kriminalliteratur. Sie ist Mitglied bei den Sisters in Crime, bei der GVM (Genootschap van Vlaamse Misdaadauteurs), sowie Amiga im Syndikat.
Bei den Alligatorpapieren veröffentlicht sie regelmäßig ihren "Krimi-Kurier" Letzte Buchveröffentlichung:
Siggi Baumeister oder: Eine Verfolgung quer durch die Eifel. Die Eifelkrimis des Jacques Berndorf.
84 S., 2001; EUR 10,50
NordPark Verlag

Thomas Przybilka verdient seinen Lebensunterhalt als Buchhändler. Er ist langjähriges Mitglied der "Autorengruppe Deutschsprachige Kriminalliteratur Das Syndikat". 1989 baute er das international bekannte "Bonner Krimi Archiv (Sekundärliteratur)" [BOKAS] auf. Bei den Alligatorpapieren veröffentlicht er regelmäßig seine "Krimi-Tipps zur Sekundärliteratur zum Krimi." Zahlreiche Publikationen zur Kriminalliteratur in Fachanthologien und -magazinen im In- und Ausland. Kriminalgeschichten in Deutschland, Bulgarien und Spanien. Letzte Buchveröffentlichung:
Siggi Baumeister oder: Eine Verfolgung quer durch die Eifel. Die Eifelkrimis des Jacques Berndorf.
84 S., 2001; EUR 10,50
NordPark Verlag


Die Befragungen von Gisela Lehmer-Kerkloh und Thomas Przybilka
Ein Service der Alligatorpapiere.
Gestaltet von
Alfred Miersch
NordPark Verlag
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42281 Wuppertal
Tel.: 0202/51 10 89

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