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Bernhard Jaumann




Frage: Erinnern Sie sich noch, wann Sie Ihren ersten Kriminalroman gelesen haben

Bernhard Jaumann: Den Zeitpunkt weiß ich nicht mehr genau, aber es handelte sich um eine Geiselnahme, bei der die Täterin ihr verdientes Ende fand (Gebrüder Grimm: Hänsel und Gretel)

Frage: Was interessiert Sie an Kriminalliteratur?

Bernhard Jaumann: Jede Menge, vor allem aber wohl die Extremsituationen, in die Menschen geraten können, und die Herausforderung, aus den bekannten Strukturen jedesmal etwas Neues herauszukitzeln.

Frage: Wie sind Sie zum Krimi gekommen?

Bernhard Jaumann: Veranlagung? Eine unglückliche Kindheit? Schlechter Umgang? Ich habe keine Ahnung!

Frage: Warum schreiben Sie Krimis?

Bernhard Jaumann: Irgendwo muss man die dunklen Seiten der Seele ja ausleben.

Frage: Seit wann schreiben Sie Kriminalromane?

Bernhard Jaumann: Ernsthaft seit 1996

Frage: Ihre erste Krimi-Veröffentlichung ?

Bernhard Jaumann: "Hörsturz", 1998, Aufbau Taschenbuch Verlag

Frage: Als deutscher Autor: Was bedeutet deutsche Krimininalliteratur für Sie?

Bernhard Jaumann: Vielfalt, die geographisch keineswegs nur zwischen Ostfriesland und Allgäu angesiedelt sein muss. Inhaltlich reicht die Spannbreite vom kulinarischen Lokal-Whodunit bis zum Psychospionagethriller in den Metropolen.

Frage: Gibt es einen Krimiautor / eine Krimiautorin, der oder die Sie beeinflußt hat?

Bernhard Jaumann: Natürlich gibt es Meister wie Hammett, Dürrenmatt oder Highsmith, die dem Genre (und damit auch mir) neue Wege eröffnet haben, aber beim Schreiben auf Vorbilder zu zielen, funktioniert wohl eher selten.

Frage: Bilden Sie in Ihren Kriminalromanen die Gegenwart ab?

Bernhard Jaumann: Nein, es sind ja keine Fotos. Ich erfinde Geschichten.

Frage: Wo würden Sie Ihr "Setting" wählen?

Bernhard Jaumann: Das Böse lauert immer und überall. Vielleicht bevorzuge ich aber Settings, in denen ich mich gut genug auskenne, um darüber schreiben zu können, und fremd genug fühle, um neugierig zu bleiben.

Frage: Halten Sie das Schreiben von Kriminalromanen für schwieriger oder weniger schwieriger als das Schreiben in einer anderen Literaturgattung?

Bernhard Jaumann: Ist Skispringen oder Reckturnen schwieriger? Es kommt in jeder Gattung darauf an, das Bestmögliche abzuliefern, und das ist schwer genug.

Frage: Welches (Sub-)Genre der Kriminalliteratur bevorzugen Sie?

Bernhard Jaumann: Kein spezielles.

Frage: Findet Ihrer Meinung nach der Kriminalroman im Feuilleton gebührende Beachtung?

Bernhard Jaumann: Im Großen und Ganzen: ja.

Frage: Arbeiten Sie zur Zeit an einem neuen Kriminalrorman / an einer neuen Krimistory?

Bernhard Jaumann: Story: spielt in einem Altersheim, in dem ein Adventskranz in die Luft geht. Roman: Ich recherchiere für einen politischen Krimi, der in Namibia spielt und ganz ohne Safaris und Giraffen auskommt.

Frage: Halten Sie das Genre Kriminalliteratur für eine wichtige Literaturgattung?

Bernhard Jaumann: Die Genrefrage interessiert mich wenig, aber natürlich ist der Krimi Literatur und ebenso eine besondere Art, die Welt zu betrachten.

Frage: Sex im Krimi?

Bernhard Jaumann: Nein. Da bin ich Traditionalist: Lieber im Bett. Ist befriedigender.

Frage: Gibt es einen "Frauenkrimi"?

Bernhard Jaumann: Nein, es gibt gute und schlechte Krimis.

Frage: Für wen schreiben Sie?

Bernhard Jaumann: Für Tante Elsbeth. (Aber ihr dürft es auch lesen).

Frage: Plotentwicklung - Ihr erster Gedanke?

Bernhard Jaumann: Der erste Gedanke ist nie gut genug. So nach dem 400. Gedanken schält sich dann ein Plot heraus.

Frage: Machen Sie sich Notizen und wo kommen Ihre Ideen her?

Bernhard Jaumann: Ja. Notizen mache ich oft, außer wenn ich mich nach Abschluss eines Romans ausgebrannt fühle. Ideen schwirren überall durch die Luft. Man muss sie nur einatmen.

Frage: Wo schreiben Sie?

Bernhard Jaumann: Am Schreibtisch, im Garten, im Café, auf der Parkbank, im Zug ...

Frage: Hindert der PC Sie am Schreiben?

Bernhard Jaumann: Meinen PC kann man ausschalten. Dann ist er ganz lieb und friedlich.

Frage: Welchen Kriminalroman hätten Sie selber gerne geschrieben?

Bernhard Jaumann: Es gibt viele Krimis, die ich für bewundernswert und erstaunlich halte, aber ich wollte keinen davon geschrieben habe. Ich mache mein eigenes Zeug.

Frage: Als deutscher Autor: Haben Sie Kontakt zu ausländischen Kollegen/Kolleginnen?

Bernhard Jaumann: Kaum, außer bei gelegentlichen Treffen auf Krimifestivals, Buchmessen usw.

Frage: Ihre Lieblingstatwaffe?

Bernhard Jaumann: Ich bediene mich eines breiten Spektrums, verspüre aber besondere Affinität einerseits zu Sprengstoff, andererseits zu Giften in variabler Darbietungsform.

Frage: Mord - muss das sein?

Bernhard Jaumann: Unbedingt! Kain hat seinem Bruder Abel ja auch nicht die Briefmarkensammlung geklaut.

Frage: Wer ist überschätzt?

Bernhard Jaumann: So mancher, z.B. ...* (*im Original unleserlich).

Frage: Wer ist unterschätzt?

Bernhard Jaumann: Außer mir?

Frage: Ihr Lieblingsbuch als Kind?

Bernhard Jaumann: Karl May: "Unter Geiern".

Frage: Ihr Lieblingsbuch heute?

Bernhard Jaumann: Viele, zur Zeit vielleicht Thomas Harlan: "Heldenfriedhof", aber ich warne: Das ist ein unglaublich sperriges Buch, nichts, um es locker herunterzulesen.

Frage: Ihre Lieblings-Krimiautorin / Ihr Lieblings-Krimiautor?

Bernhard Jaumann: William Marshall.

Frage: Ihr Lieblingsfilm?

Bernhard Jaumann: Jim Jarmusch "Stranger than paradise".

Frage: Ihr Lieblingsgetränk?

Bernhard Jaumann: Rot: Brunello. Weiß: ein guter Verdicchio di Matelica.

Frage: Welche Bedeutung hat für Sie Essen und Trinken?

Bernhard Jaumann: Nicht nur eine lebenserhaltende.

Frage: Kochen Sie?

Bernhard Jaumann: Kochen? Habe ich schon von gehört! Das ist doch das, was mit Lebensmitteln gemacht wird, bevor sie im Restaurant auf den Tisch kommen.

Frage: Ihr Lieblingsgericht [* Rezept am Schluß des Fragebogens]:

Bernhard Jaumann: 1) Austern. Das Rezept ist recht unkompliziert, so dass ich es hier schon verraten kann: Schale öffnen, Pfeffer und Zitronensaft drüber, auf Eis servieren, essen. 2) Baccalà in agrodolce

Frage: Gehen Sie essen, und wenn ja, wo?

Bernhard Jaumann: Ja. Vorzugsweise zum Italiener.

Frage: Was ist Ihr Lieblingskleidungsstück?

Bernhard Jaumann: Ein schwarzes T-Shirt, auf dem das Wort "rod" in blau, "plau" in grün und "krün" in rot aufgedruckt ist.

Frage: Fußball - ist das ein Thema für Sie?

Bernhard Jaumann: Fußball ist nicht einfach ein Thema, es ist das Thema.

Frage: Ihre Lieblingsstadt in Deutschland?

Bernhard Jaumann: Eigentlich doch am ehesten vielleicht noch Berlin.

Frage: Ihr Lieblingsland?

Bernhard Jaumann: Trotz Berlusconi: Italien. Namibia ist auch nicht schlecht.

Frage. Was lieben Sie?

Bernhard Jaumann: Das Gute, Wahre und Schöne.

Frage. Was verabscheuen Sie?

Bernhard Jaumann: Das Böse, Falsche und Hässliche.

Frage: Beste Schulnote - worin?

Bernhard Jaumann: Sport und Geschichte: 1

Frage: Schlechteste Schulnote - worin & warum?

Bernhard Jaumann: Physik: 5. Die Note erklärt sich meines Erachtens daraus, dass Physik so viel mit Physik zu tun hat.

Frage: Ihr Traumberuf?

Bernhard Jaumann: Kaffeehausliterat.

Frage: Haben Sie eine Ahnung, warum Sie diesen Fragebogen beantwortet haben?

Bernhard Jaumann: Ach, gibt es gar kein Honorar dafür?

* Die Zubereitung von "Baccalà in agrodolce" wird im Roman "Saltimbocca" auf den Seiten 111-113 beschrieben und ist für einigermaßen Kochlustige ohne weiteres nachkochbar.
Guten Appetit.

Ihr Kommentar zu dieser Befragung:


Bernhard Jaumann
Bernharnd Jaumann wurde am 8.6.1957 in Augsburg geboren. Er studierte an der Ludwig Maximilian Universität in München und arbeitete danach als Gymnasiallehrer für Deutsch, Geschichte, Sozialkunde und Italienisch in Bad Aibling, unterbrochen von längeren Auslandsaufenthalten in Italien, Australien und Mexico-Stadt.
Ab 1997 schrieb er eine Krimiserie, deren einzelne Bände jeweils einen der fünf Sinne zum Thema haben und in einer anderen Metropole spielen.
Zur Zeit lebt er in Windhoek / Namibia oder in seinem Haus bei Montesecco in den italienischen Marken, in denen seine neuesten Romane angesiedelt sind.
Er ist mehrfacher Preisträger: Für "Saltimbocca" wurde er 2003 mit dem Friedrich-Glauser-Preis für den besten deutschsprachigen Kriminalroman ausgezeichnet. Der Friedrich-Glauser-Preis in der Sparte Kurzgeschichten wurde ihm 2008 für "Schnee an der Blutkuppe" verliehen.
Homepage: www.bernhardjaumann.de

Die Befragung erfolgte ohne Zeugen im Juli 2008.

Die Krimis:
1998, Hörsturz, Aufbau Taschenbuch 1506
1999, Handstreich, Aufbau Taschenbuch 1507
1999, Sehschlachten, Aufbau Taschenbuch 1505
2001, Duftfallen, Aufbau Taschenbuch 1508
2002, Saltimbocca, Aufbau Taschenbuch 1509
2005, Die Vipern von Montesecco. Kiepenheuer Verlag
2007, Die Drachen von Montesecco. Aufbau Verlag
2007, Die Vipern von Montesecco, Aufbau Taschenbuch 2301
2008, Die Augen der Medusa. Aufbau Verlag
2008, Die Drachen von Montesecco. Aufbau Taschenbuch 2452
2008, Geiers Mahlzeit. Edition Nautilus

Die Krimikurzgeschichten:
2006 Nacht über Unna. In: H.P.Karr/Herbert Knorr (Hg.), Mord am Hellweg III, Grafit Verlag
2006, Jalousie. In: Jürgen Alberts (Hg): Morden im hohen Norden, Heyne Verlag
2007, Schnee an der Blutkuppe. In: Petra Hammesfahr (Hg), Zum Sterben schön, Wunderlich Verlag
2008 Kein Märchen für Bönen. In: H.P.Karr/Herbert Knorr (Hg.), Mord am Hellweg IV, Grafit Verlag

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Alle Titel und natürlich jedes andere lieferbare Buch können und sollten Sie bei Missing Link in Bonn bestellen, einer Buchhandlung, die sich auf Sekundärliteratur zum Krimi, auf Kriminalliteratur und auch auf die Beschaffung ausländischer Literatur spezialisiert hat.
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Die Befragenden:

Gisela Lehmer-Kerkloh rezensiert Kriminalliteratur. Sie ist Mitglied bei den Sisters in Crime, bei der GVM (Genootschap van Vlaamse Misdaadauteurs), sowie Amiga im Syndikat.
Bei den Alligatorpapieren veröffentlicht sie regelmäßig ihren "Krimi-Kurier" Letzte Buchveröffentlichung:
Siggi Baumeister oder: Eine Verfolgung quer durch die Eifel. Die Eifelkrimis des Jacques Berndorf.
84 S., 2001; EUR 10,50
NordPark Verlag

Thomas Przybilka verdient seinen Lebensunterhalt als Buchhändler. Er ist langjähriges Mitglied der "Autorengruppe Deutschsprachige Kriminalliteratur Das Syndikat". 1989 baute er das international bekannte "Bonner Krimi Archiv (Sekundärliteratur)" [BOKAS] auf. Bei den Alligatorpapieren veröffentlicht er regelmäßig seine "Krimi-Tipps zur Sekundärliteratur zum Krimi." Zahlreiche Publikationen zur Kriminalliteratur in Fachanthologien und -magazinen im In- und Ausland. Kriminalgeschichten in Deutschland, Bulgarien und Spanien. Letzte Buchveröffentlichung:
Siggi Baumeister oder: Eine Verfolgung quer durch die Eifel. Die Eifelkrimis des Jacques Berndorf.
84 S., 2001; EUR 10,50
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Stand: 2008