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Foto: Isolde Ohlbaum

Irene Rodrian

Frage: Erinnern Sie sich noch, wann Sie Ihren ersten Kriminalroman gelesen haben?

Irene Rodrian: Mit etwa 13. Rex Stout "Zuviel Blei ist ungesund" und bald darauf "Die Liga der furchtsamen Männer"

Frage: Was interessiert Sie an Kriminalliteratur?

Irene Rodrian: Spannung. Suspense. Ein (guter;-) Krimi zeigt einen Ausschnitt des ganz "normalen" Lebens wie unter einem Brennglas. In einer Extremsituation. Alle Reaktionen sind deutlicher ...

Frage: Wie sind Sie zum Krimi gekommen?

Irene Rodrian: "Abenteuergeschichten" haben mich fasziniert, seit ich lesen kann. Und der (gute ;-) Krimi bringt dazu noch seine innere Logik, eine nachvollziehbare Intelligenz

Frage: Warum schreiben Sie Krimis?

Irene Rodrian: Das Genre fasziniert mich. Es bietet alle Möglichkeiten. Ich habe immer versucht, die Grenzen auszuloten. Und bin noch lange nicht am Ende ;-)

Frage: Seit wann schreiben Sie Kriminalromane?

Irene Rodrian: Seit ich überhaupt schreibe. Meinen ersten Krimi habe ich mit 15 begonnen. Es ging um einen Polizisten, der durch seine durchaus ehrbaren Ermittlungen das Verbrechen erst auslöst. Über die ersten 30 Schulheftseiten kam ich aber nie hinaus. Meinen nächsten Krimi schrieb ich mit 19, er wurde fertig, aber nie veröffentlicht.

Frage: Ihre erste Krimi-Veröffentlichung ?

Irene Rodrian: Der Goldmann Verlag vergab den Edgar-Wallace-Preis. Die Manuskripte wurden anonym eingereicht. 1967 beteiligte ich mich mit 2 Krimis. Einen, eher aus männlicher Sicht geschrieben, "Tod in St. Pauli" - und den anderen, so wie ich gerne Krimis schreiben wollte, "Bis morgen Mörder". "Tod in St. Pauli" bekam den ersten Preis. "Bis morgen Mörder" wurde abgelehnt, von mir gleich weitergeschickt und von Rowohlt veröffentlicht.

Frage: Als deutscher Autor: Was bedeutet deutsche Krimininalliteratur für Sie?

Irene Rodrian: Ich finde es großartig, was sich da in den letzten Jahren getan hat!

Frage: Gibt es einen Krimiautor / eine Krimiautorin, der oder die Sie beeinflußt hat?

Irene Rodrian: Dashiell Hammett.

Frage: Bilden Sie in Ihren Kriminalromanen die Gegenwart ab?

Irene Rodrian: Ja. zumindest einen Ausschnitt. Wenn auch vielleicht in etwas überspitzter Form.

Frage: Wo würden Sie Ihr "Setting" wählen?

Irene Rodrian: Überall da, wo ich mich "auskenne", wo ich einen eigenen Bezug habe oder herstellen kann.

Frage:Halten Sie das Schreiben von Kriminalromanen für schwieriger oder weniger schwieriger als das Schreiben in einer anderen Literaturgattung?

Irene Rodrian: Kommt darauf an, was ich will. Wenn ich mich sprachlich, lyrisch oder auch philosophisch ausdrücken will, ist der Krimi vielleicht nicht die geeignete Form. Wenn ich aber vor allem eine spannende Geschichte erzählen will, muß ich dieser alles andere unterordnen. Das erfordert Disziplin.

Frage: Welches (Sub-)Genre der Kriminalliteratur bevorzugen Sie?

Irene Rodrian: Psychothriller.

Frage: Findet Ihrer Meinung nach der Kriminalroman im Feuilleton gebührende Beachtung?

Irene Rodrian: Mehr als früher, aber noch lange nicht ausreichend.

Frage: Arbeiten Sie zur Zeit an einem neuen Kriminalrorman / an einer neuen Krimistory?

Irene Rodrian: Am fünften Barcelona-Krimi, "Die herzlose Tote".

Frage: Halten Sie das Genre Kriminalliteratur für eine wichtige Literaturgattung? Irene Rodrian: Siehe meine Antwort auf die zweite Frage. Oder um Raymond Chandler - der auch damals schon gegen die Unterscheidung des Feuilletons zwischen U und E anschrieb - zu zitieren: Es gibt nur gute oder schlechte Bücher.

Frage: Sex im Krimi? Wenn ja, warum?

Irene Rodrian: Wenn es zur Story paßt & gehört.

Frage: Sex im Krimi? Wenn nein, warum?

Irene Rodrian: Wenn's zum Lockfüllsel oder Selbstzweck wird.

Frage: Gibt es einen "Frauenkrimi"?

Irene Rodrian: Was sollte das sein? Von Frauen? Für Frauen? Über Frauen oder um Frauen drumherum? Von mir ein klares NEIN.

Frage: Für wen schreiben Sie?

Irene Rodrian: Für Leute, die gerne solche Bücher lesen wie ich selber. Intelligente Unterhaltung mit Gefühl und glaubhaftem Realitätsbezug. Suspense & human touch ;-)

Frage: Plotentwicklung - Ihr erster Gedanke?

Irene Rodrian: Ein Thema, eine Idee hat sich an allen anderen vorbei nach vorne gedrängelt. Ich sehe so etwas wie einen Höhepunkt, ein fieses Ende. Ich suche nach einem Knaller als Anfang ...

Frage: Machen Sie sich Notizen und wo kommen Ihre Ideen her?

Irene Rodrian: Ich lese eine kleine Meldung, ich beobachte eine Begebenheit, sehe eine menschliche Konstellation, ich höre eine Bemerkung, eine Reaktion und und und. Ich mache mir immer und zu allem Notizen.

Frage: Wo schreiben Sie?

Irene Rodrian: An meinem Schreibtisch. In der Nähe von Büchern, Unterlagen, Telefon und Kühlschrank.

Frage: Hindert der PC Sie am Schreiben?

Irene Rodrian: Im Gegenteil. Die größte Erfindung seit der Glühbirne. Ich schreibe meine ersten Notizen mit einem speziellen weichen Stift auf besonders glattes Papier, das ist in vielfacher Hinsicht ein sinnliches Erlebnis. Plot, Orte, Personen, Verbindungen, ein erstes Handlungsgerüst etc. Dann aber geht es ans Notebook und bleibt auch da. Und durch das Internet habe ich unendliche Möglichkeiten zur Recherche.

Frage: Welchen Kriminalroman hätten Sie selber gerne geschrieben?

Irene Rodrian: Patricia Highsmith, "Nur die Sonne war Zeuge".

Frage: Als deutsche Autorin: Haben Sie Kontakt zu ausländischen Kollegen/Kolleginnen?

Irene Rodrian: Sporadisch. Bei Lesungen und ähnlichen Events.

Frage: Ihre Lieblingstatwaffe?

Irene Rodrian: Verzweiflung.

Frage: Mord - muss das sein?

Irene Rodrian: Ja. Wir haben nur ein Leben. Der Verlust ist durch nichts zu ersetzen. Das ist endgültig.

Frage: Wer ist überschätzt?

Irene Rodrian: Da fällt mir doch absolut niemand ein ... wir Krimiautoren müssen zusammenhalten ;-)

Frage: Wer ist unterschätzt?

Irene Rodrian: Ich ;-)))

Frage: Ihr Lieblingsbuch als Kind?

Irene Rodrian: Das kann ich so nicht mehr beantworten. Ich war die absolute Leseratte. Ich erinnere mich aber an mein allerersten eigenes Buch: "Matz der Spatz als Detektiv". (Ein Krimi unter Vögeln - weit vor Hitchcock ;-)

Frage: Ihr Lieblingsbuch heute?

Irene Rodrian: Auch diese Frage kann ich so nicht beantworten. Aber das letzte Buch, das mich wirklich fasziniert & gefesselt hat: Diane Setterfield "Die dreizehnte Geschichte".

Frage: Ihre Lieblings-Krimiautorin / Ihr Lieblings-Krimiautor?

Irene Rodrian: Vor allem die großen Anglo-Ladies, wie Ruth Rendell, Minette Walters, Mary Higgins Clark und und und ...

Frage: Ihr Lieblingsfilm?

Irene Rodrian: Auch da gibt es natürlich viel mehr als einen. Aus den letzten Jahren u.a. "Oceans eleven", "Babel", Almodovars "Mal Education" ... Oder aber immer wieder - ich habe gerade ein Theaterstück geschrieben - Hitchcocks "Coctail für eine Leiche".

Frage: Ihr Lieblingsgetränk?

Irene Rodrian: Cooler Cava und trockener Weißwein.

Frage: Welche Bedeutung hat für Sie Essen und Trinken?

Irene Rodrian: Sinnlich und wichtig.

Frage: Kochen Sie?

Irene Rodrian: Ja klar.

Frage: Ihr Lieblingsgericht:

Irene Rodrian: Tapas, kleine pikante Leckereien ;-). Meine neuen Krimis spielen in Barcelona. Und in allen wird viel geschmaust. Die meisten Rezepte lassen sich locker nachkochen.

Frage: Gehen Sie essen, und wenn ja, wo?

Irene Rodrian: Gern mit Freunden. Kleine Restaurants mit Stil & gemischtem Publikum. Klare aber feine mediterrane Küche.

Frage: Was ist Ihr Lieblingskleidungsstück?

Irene Rodrian: Jeans.

Frage: Fußball - ist das ein Thema für Sie?

Irene Rodrian: Null.

Frage: Ihre Lieblingsstadt in Deutschland?

Irene Rodrian: Berlin. Obwohl ich mich in München sauwohl fühle.

Frage: Ihr Lieblingsland?

Irene Rodrian: England. Obwohl ich seit vielen Jahren glücklich in Spanien lebe - und Deutschland allein schon durch Kultur & Sprache aufs Innigste in Liebe verbunden bin ;-)

Frage. Was lieben Sie?

Irene Rodrian: Intelligenz, Humor, Loyalität.

Frage. Was verabscheuen Sie?

Irene Rodrian: Dummheit, Arroganz, Vorurteile.

Frage: Beste Schulnote - worin?

Irene Rodrian: Kunst.

Frage: Schlechteste Schulnote - worin & warum?

Irene Rodrian: Latein (Widerwillen & Faulheit ;-)

Frage: Ihr Traumberuf?

Irene Rodrian: Schriftstellerin.

Frage: Haben Sie eine Ahnung, warum Sie diesen Fragebogen beantwortet haben?

Irene Rodrian: Nicht wirklich. Ich hatte eigentlich einen richtig hohen Berg extrem wichtiger und eiliger Arbeiten vor mir! Hatte also etwas Zeit übrig ;-)))




Die Befragung erfolgte ohne Zeugen im Oktober 2007

© Gisela Lehmer-Kerkloh & Thomas Przybilka

Irene Rodrian
Geboren am 12.11.1937 in Berlin. Zunächst arbeitete Irene Rodrian als Grafikerin und in der Werbebranche, später, (ganz am Anfang ihrer Karriere als Schriftstellerin) als Schaufensterdekorateurin und Verkäuferin.
Irene Rodrian gehört zum "Urgestein" der deutschen Kriminalliteratur - Stichwort "NDK". Bereits 1967 wurde sie mit dem Edgar-Wallace-Preis für "Tod auf St. Pauli" ausgezeichnet. Ihre zahlreichen Kriminalromane erschienen vornehmlich in der renommierten Thriller-Reihe bei Rowohlt und in der Krimi-Reihe des Heyne Verlags. Neben Kriminalromanen schrieb Irene Rodrian auch Kinderbücher/-krimis und Drehbücher. Nach einer längeren Schreibpause liegen jetzt wieder neue Kriminalromane (die Serie um "Limona 5") vor.
Irene Rodrian wurde 2007 mit dem "Ehrenglauser - Krimipreis der Autoren" für ihre Verdienste um die deutsche Kriminalliteratur ausgezeichnet. Die Autorin lebt in München und Formentera.


Homepage:
www.irenerodrian.de

Das Comeback. Artikel im Hamburger Abendblatt

Die (zur Zeit vergriffenen) Krimis:
Tod in St. Pauli 1967
Bis morgen, Mörder 1969
Wer barfuß über Scherben geht 1970
Finderlohn 1971
Küßchen für den Totengräber 1974
Die netten Mörder von Schwabing 1975
Ein bißchen Föhn, und du bist tot 1975
Der Tod hat hitzefrei 1976
Du lebst auf Zeit am Zuckerhut 1977
Tote Katze (Stories) 1977
...trägt Anstaltskleidung und ist bewaffnet 1978
Schlaf, Bübchen, schlaf 1980
Hausfrieden 1981
Vielliebchen 1982
Schlagschatten 1983
Handgreiflich 1985
Die Frau mit dem Jaguar ... 1984
Das Mädchen mit dem Engelsgesicht 1986
Über die Klippen 1988
Bei geschlossenen Vorhängen 1988
Friss, Vogel, oder stirb! 1989
Strandgrab 1992
Meines Bruders Mörderin 2002
Im Bann des Tigers 2003

Die (zur Zeit lieferbaren) Krimis:
o.J., Blöd, wenn der Typ draufgeht, Rowohlt Rotfuchs 113
2005, Letztes Kapitel, Verlag der Criminale
2006, Eisiges Schweigen. Ein Fall für Limona 5, Heyne Taschenbuch 43168
2006, Stimmen unter dem Dach, Verlag der Criminale
2007, Meines Bruders Mörderin. Ein Fall für Limona 5, Heyne Taschenb. 43237
2007, Ein letztes Lächeln. Ein Fall für Limona 5, Heyne Verlag


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rodrian-handgreiflich-1985 rodrian-die-frau-mit-dem-jaguar-1984 rodrian-das-maedchen-mit-dem-engelsgesicht-1986 rodrian-ueber-die-klippen.jpg-1988 rodrian-bei-geschlossenen-vorhaengen.jpg-1988
rodrian-friss-vogel-oder-stirb-1989 rodrian-strandgrab-1992 rodrian-meines-bruders-moerderin-list-2002.jpg rodrian-im-bann-des-tigers-2003 rodrian-finderlohn-u-a-sampler
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rodrian-ein-letztes-laecheln-2007

Alle Titel und natürlich jedes andere lieferbare Buch können und sollten Sie bei Missing Link in Bonn bestellen, einer Buchhandlung, die sich auf Sekundärliteratur zum Krimi, auf Kriminalliteratur und auch auf die Beschaffung ausländischer Literatur spezialisiert hat.
Buchhandlung Missing Link
Zweigniederlassung Bonn
Thomas Przybilka
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Fax: 0228 - 24 21 385
Tel: 0228 - 24 21 383
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Die Befragenden:

Gisela Lehmer-Kerkloh rezensiert Kriminalliteratur. Sie ist Mitglied bei den Sisters in Crime, bei der GVM (Genootschap van Vlaamse Misdaadauteurs), sowie Amiga im Syndikat.
Bei den Alligatorpapieren veröffentlicht sie regelmäßig ihren "Krimi-Kurier" Letzte Buchveröffentlichung:
Siggi Baumeister oder: Eine Verfolgung quer durch die Eifel. Die Eifelkrimis des Jacques Berndorf.
84 S., 2001; EUR 10,50
NordPark Verlag

Thomas Przybilka verdient seinen Lebensunterhalt als Buchhändler. Er ist langjähriges Mitglied der "Autorengruppe Deutschsprachige Kriminalliteratur Das Syndikat". 1989 baute er das international bekannte "Bonner Krimi Archiv (Sekundärliteratur)" [BOKAS] auf. Bei den Alligatorpapieren veröffentlicht er regelmäßig seine "Krimi-Tipps zur Sekundärliteratur zum Krimi." Zahlreiche Publikationen zur Kriminalliteratur in Fachanthologien und -magazinen im In- und Ausland. Kriminalgeschichten in Deutschland, Bulgarien und Spanien. Letzte Buchveröffentlichung:
Siggi Baumeister oder: Eine Verfolgung quer durch die Eifel. Die Eifelkrimis des Jacques Berndorf.
84 S., 2001; EUR 10,50
NordPark Verlag



Die Befragungen von Gisela Lehmer-Kerkloh und Thomas Przybilka
Ein Service der Alligatorpapiere.
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NordPark Verlag
Klingelholl 53
42281 Wuppertal
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